IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 24. Oktober 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 14. Oktober 2024 betreffend Rückforderung von für ***Tochter*** für den Zeitraum August 2023 bis Juli 2024 bezogenen Beträgen an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, Steuernummer xx-xxx/xxxx (SVNR xxxx-ttmmjj), zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der beschwerdegegenständliche Bescheid (vom 14. Oktober 2024) wurde vom Finanzamt erlassen wie folgt:Rückforderungsbescheid Einzahlung - Familienbeihilfe (FB) - Kinderabsetzbetrag (KG) für das Kind Name des Kindes VNR/Geb.dat. Art der Beihilfe Zeitraum (Nachname wie Bf.) **VN** ...0700 FB Aug. 2023 - Juli 2024 KG Aug. 2023 - Juli 2024 Der Rückforderungsbetrag beträgt Art der Beihilfe Summe in € FB € 2.214,70 KG € 783,60 Rückforderungsbetrag gesamt: € 2.998,30 Sie sind verpflichtet, diesen Betrag nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen. … Begründung: Wir haben Sie aufgefordert, uns Unterlagen zu senden. Da Sie das nicht getan haben, kommen Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach (§ 119 Bundesabgabenordnung). Eine Familienleistung kann daher nicht ausgezahlt werden. Sie haben unser Ersuchen um Auskunft vom 30.8.2024 (Studienblatt, Studienerfolgsnachweis vom Studienjahr 2023/24) nicht beantwortet.
Die Bf. erhob Beschwerde wie folgt: Die angefügten Dokumente sind alle derzeit verfügbaren Dokumente, die den Studienerfolg und das Studieren von **VN** (Nachname wie Bf.) in den Jahren 2023 und 2024 für den Erhalt der Familienbeihilfe nachweisen. Für das WS 2023 und das SS 2024, in welchen (die Tochter der Bf.) an der University of Edinburgh studiert hat ist zurzeit eine Studienbestätigung der Universität für diesen Zeitraum vorhanden. Jedoch noch kein Studienerfolgsnachweis, da die Studienleistungen noch nicht vollständig benotet wurden. Dies wird voraussichtlich im Laufe des Novembers 2024 geschehen und dann werden die Dokumente ehestmöglich nachgereicht.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung: Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt jedenfalls vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 337, und VwGH 20.6.2000, 98/15/0016; VwGH 20.10.1993, 91/13/0175). Im Erkenntnis vom 24. Juni 2010 hat der Verwaltungsgerichtshof bei den, in jenem Beschwerdefall gegebenen Rahmenbedingungen eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als vorübergehenden Aufenthalt angesehen. Ein einjähriger Auslandsaufenthalt etwa zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bereits als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (vgl. VwGH v. 26.1.2012, 2012/16/0008). Lassen die objektiven Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt im Ausland nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes ein ständiger Aufenthalt vor. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. VwGH 15.11.2005, 2002/14/0103). Das (teilweise) Verbringen der Ferien in Österreich ist jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch der ständige Aufenthalt der Kinder im Ausland nicht unterbrochen wurde (VwGH 27.4.2005, 2002/14/0050; VwGH 20.6.2000, 98/15/0016; VwGH 8.6.1982, 82/14/0047; VwGH 28.11.2002, 2002/13/0079; VwGH 2.6.2004, 2001/13/0160). Der VfGH hat in seinem Erkenntnis vom 4.12.2001, B 2366/00, festgestellt, dass es durch die Versagung der Familienbeihilfe für ein Kind, das sich im Ausland ständig aufhält, zu keiner Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten kommt. Die Bestimmung des § 5 Abs. 3, welche bewirkt, dass Personen für Kinder, die sich ständig im Ausland (Drittstaat) aufhalten, keine Familienbeihilfe geltend machen können, auch wenn sie diesen gegenüber zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, ist verfassungskonform. Der Gesetzgeber wird der verfassungsrechtlichen Pflicht zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltslasten auch dann gerecht, wenn er nicht den Weg der Gewährung von Transferzahlungen (im Sinne der Familienbeihilfe) wählt, sondern die Berücksichtigung im Wege des Steuerrechts (als außergewöhnliche Belastung gemäß 34 EStG 1988) ermöglicht. Lt. vorliegenden Unterlagen hat Ihre Tochter **VN** im Studienzeitraum 1.9.2023-31.8.2024 das Masterstudium Comparative Literature an der University of Edinburgh, Schottland, absolviert. Gemäß den obigen Ausführungen ist hier jedenfalls von einem ständigen Aufenthalt im Ausland auszugehen, weshalb die Rückforderung der Familienbeihilfe auch zu Recht erfolgte. Ihre Beschwerde muss somit als unbegründet abgewiesen werden.
Der Vorlageantrag wurde ohne Erstattung eines weiteren Vorbringen erhoben.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen: Sachverhalt: Die Rückforderung der Familienbeihilfe für die volljährige Tochter **VN** (geb. … .7.2000) erfolgte, da die abverlangten Unterlagen weder mit dem Anspruchsüberprüfungsschreiben noch nach einem Ergänzungsersuchen vorgelegt wurden. Die Abweisung der Beschwerde erfolgte, da das Studium über ein Jahr in einem Drittstaat (Schottland) und damit ständig im Ausland absolviert wurde. Beweismittel: Studienunterlagen Stellungnahme: Es wird um Abweisung der Beschwerde ersucht, da gemäß der Bestimmung des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Am 30. Juli 2023 schloss die Tochter der Bf. das Bachelorstudium Vergleichende Literaturwissenschaft UG2002 mit Auszeichnung ab; davor, am 03. Februar 2023, hatte sie das Bachelorstudium English and American Studies UG2002, ebenfalls mit Auszeichnung, bestanden (vorgelegte Abschlusszeugnisse vom 30.03.2023 bzw. 05.09.2023).
Am 8. Oktober 2024 bestätigte die University of Edinburgh (vorgelegtes Certificate of Student Status): This is to certify that the undernoted person is following a programme of education at The University of Edinburgh as a student. Name of Institution The University of Edinburgh, Old College, S…, Edinburgh, EH8 9YL Full Name of Student **VN** (Nachname wie Bf.) Programme of Study Comparative Literature (MSc) (Full-time) Home Address …strasse …, Austria, Semester Address … N… Road, EDINBURGH, Scotland, E… Start Date 1 September 2023 Expected End Date 31 August 2024 of Programme
2. Beweiswürdigung
Die im Einzelnen getroffenen Detailfeststellungen beruhen auf den angeführten Grundlagen, den Angaben der Bf. sowie der Aktenlage. Diese sind widerspruchsfrei und daher unbedenklich.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Nach § 26 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 24. Juni 2010, Zl. 2009/16/0133, mwN, sowie Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, Familienlastenausgleichsgesetz, Rz 9 zweiter Absatz zu § 5).
Mit Erkenntnis vom 26.01.2012, 2012/16/0008, erwog der Verwaltungsgerichtshof betreffend eine Aufenthaltsdauer der Tochter des Beschwerdeführers in den USA von einem Jahr für Ausbildungszwecke: [Wiedergabe § 5 Abs. 3 FLAG und § 26 Abs. 2 BAO] Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, Zl. 2009/16/0133, mwN, sowie Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, Familienlastenausgleichsgesetz, Rz 9 zweiter Absatz zu § 5). Dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 erster Satz BAO ist zunächst zu entnehmen, dass ein nicht nur vorübergehendes Verweilen in einem Land keinen eigenen Begriff darstellt, sondern als ständiger Aufenthalt zu sehen ist. Die Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG ist nicht nach subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach den objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, mwN, sowie Nowotny, aaO, Rz 9 erster Absatz zu § 5). Auf eine allfällige Absicht der Tochter des Beschwerdeführers, nach dem Auslandsjahr nach Österreich zurückzukehren, kommt es demnach nicht an. Ein Aufenthalt ist nicht schon dann vorübergehend im Sinne der hg. Rechtsprechung zu § 5 Abs. 3 FLAG, wenn er zeitlich begrenzt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 2009, Zl. 2008/13/0072), weshalb auch bei der im Zuge der vorzunehmenden ex-ante Betrachtung des Auslandsaufenthaltes der Tochter des Beschwerdeführers die auch nach objektiven Gesichtspunkten als annähernd gewiss anzunehmende Rückkehr nach Österreich nach dem Austauschjahr nicht entscheidend ist. Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor (zum Wechsel eines zunächst vorübergehenden Aufenthaltes zu einem ständigen Aufenthalt nach Hervorkommen solcher Umstände vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010). Im erwähnten Erkenntnis vom 24. Juni 2010 hat der Verwaltungsgerichtshof bei den in jenem Beschwerdefall gegebenen Rahmenbedingungen eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als vorübergehenden Aufenthalt angesehen. Bei einem Aufenthalt zum Zwecke des Schulbesuches vom Herbst 1991 bis zum Jänner 1993 ging der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Juni 2000, Zl. 98/15/0016, von einem ständigen Aufenthalt im Ausland aus. Ein einjähriger Auslandsaufenthalt etwa zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (vgl. auch Kuprian, Kein Familienbeihilfenanspruch bei Ausbildung eines Kindes in einem "Drittland", in UFS Journal 2011/10, 371).
Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. VwGH 15.11.2005, 2002/14/0103).
Das bloße Verbringen der Ferien in Österreich bzw. fallweise kurze Besuche in Österreich während des Schuljahres sind jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch ein ständiger Aufenthalt des Kindes im Ausland nicht unterbrochen wird (vgl. VwGH 27.4.2005, 2002/14/0050; VwGH 20.6.2000, 98/15/0016; VwGH 8.6.1982, 82/14/0047; VwGH 28.11.2002, 2002/13/0079; VwGH 2.6.2004, 2001/13/0160).
Auch wenn der Auslandsaufenthalt zu Ausbildungszwecken erfolgte, ändert dies nichts daran, dass sich das Kind während der Auslandsausbildung ständig iSd § 5 Abs. 3 FLAG 1967 im Ausland, also einem Drittland, aufhält (vgl. BFG 22.01.2019, RV/1100552/2018; BFG 02.08.2017, RV/7101620/2016; BFG 2.1.2017, RV/7103136/2015; BFG 3.11.2016, RV/7100224/2016; BFG 14.10.2016, RV/7101355/2016; BFG 4.1.2016, RV/7101957/2015; BFG 11.12.2015, RV/7105408/2015; BFG 12.02.2014, RV/2100851/2013).
Da im gegenständlichen Fall das Auslandsstudium, in Edinburgh, Schottland (Vereinigtes Königreich, bestehend aus vier Landesteilen: England, Wales, Schottland und Nordirland), laut der o.a. Bestätigung ein (1) Jahr ("1 September 2023 - Expected End Date 31 August 2024") dauerte, hatte die Tochter der Bf. im Sinne des oben angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.01.2012 und der nachfolgenden Judikatur des Bundesfinanzgerichtes bzw. Literatur ihren gewöhnlichen Aufenthalt im beschwerdegegenständlichen Zeitraum, ab September 2023 während des Studiums an der University of Edinburgh, in Schottland. Wurden die Ferienzeiten zwischen den Trimestern im Inland verbracht, waren das vorübergehende Abwesenheiten, die den ständigen Ein- Jahres- Aufenthalt des Kindes im Ausland nicht unterbrachen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diese Voraussetzungen treffen auf den gegenständlichen auf der Sachverhaltsebne zu lösenden Fall sowie unter Berücksichtigung der zitierten Judikatur nicht zu.
Wien, am 30. Juni 2025