Bundesrecht
Bundesgesetze
Strafprozeßordnung 1975
§ 4

§ 4Anklagegrundsatz

(1) Die Anklage obliegt der Staatsanwaltschaft, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Staatsanwaltschaft hat für die zur Entscheidung über das Einbringen der Anklage notwendigen Ermittlungen zu sorgen, die erforderlichen Anordnungen zu treffen und Anträge zu stellen. Gegen ihren Willen darf ein Strafverfahren nicht geführt werden. Die Rechte auf Privatanklage und auf Subsidiaranklage (§§ 71 und 72) bleiben unberührt.

(2) Einleitung und Durchführung eines Hauptverfahrens setzen eine rechtswirksame Anklage voraus; in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen ist hiefür eine Ermächtigung (§ 92) erforderlich.

(3) Die Entscheidung des Gerichts hat die Anklage zu erledigen, darf sie jedoch nicht überschreiten. An eine rechtliche Beurteilung ist das Gericht nicht gebunden.

Entscheidungen
33
  • Rechtssätze
    9
  • RS0133323OGH Rechtssatz

    01. Juni 2021·2 Entscheidungen

    Im Rahmen ihrer Aufgaben sind Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft verpflichtet, jeden ihnen zur Kenntnis gelangten Anfangsverdacht einer Straftat, die nicht bloß auf Verlangen einer hiezu berechtigten Person zu verfolgen ist (§ 71 Abs 1 erster Satz StPO), in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären (§ 2 Abs 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat zudem das Ermittlungsverfahren zu leiten (§ 101 Abs 1 erster Satz StPO) und für die zur Entscheidung über das Einbringen der Anklage notwendigen Ermittlungen zu sorgen (§ 4 Abs 1 zweiter Satz StPO). In diesem Sinn notwendig sind Ermittlungen zu erheblichen Tatsachen – soweit hier relevant – zur Klärung, ob das Verhalten einer bestimmten Person eine rechtliche Kategorie des Kriminalstrafrechts begründet. Beigebrachte (angezeigte) Tatsachen oder Beweismittel müssen ebenso im dargestellten Sinn erheblich sein. Informationen, deren Erheblichkeit für das angesprochene Thema auch als Kontrollbeweis nicht erkennbar sind, sind vom Verfahrensgegenstand nicht umfasst. Sie dürfen weder ermittelt noch zu den Akten genommen oder dort belassen werden, was schon die ausdrücklichen Vernichtungsanordnungen zeigen. Die Ermittlungsakten sind nicht faktisch, sondern rechtlich determiniert. Ebenso wenig dürfen Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht im Rahmen ihrer Aufgaben nicht erforderliche personenbezogene Daten verarbeiten (§ 74 Abs 1 erster Satz StPO).

  • RS0132157OGH Rechtssatz

    31. Januar 2024·3 Entscheidungen

    1. Die Verbindung zweier Hauptverfahren gemäß § 37 Abs 3 StPO setzt – auch im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts oder dem Bezirksgericht – die Rechtswirksamkeit (§ 4 Abs 2 StPO) beider Anklagen voraus. Im Fall des § 37 Abs 3 zweiter Halbsatz iVm Abs 2 zweiter Satz StPO zuständigkeitsbegründend zuvorgekommen ist jenes Gericht, bei dem die Anklage zuerst rechtswirksam wurde. 2. Im einzelrichterlichen Verfahren tritt die Rechtswirksamkeit der Anklage mit dem positiven Abschluss einer amtswegigen Vorprüfung des Strafantrags ein. Sie findet dort jedoch – anders als im kollegialgerichtlichen Verfahren – keinen beschlussförmigen Ausdruck, sondern zeigt sich erst im darauf folgenden Akt der Einleitung des Hauptverfahrens. 3. Die Einleitung des Hauptverfahrens (§ 4 Abs 2 StPO) geschieht im einzelrichterlichen Verfahren durch die Anordnung der Hauptverhandlung (§ 450 und § 485 Abs 1 Z 4 StPO). Unter dieser Anordnung wird (keineswegs nur das "Ausschreiben" einer Hauptverhandlung, sondern) jedes Verhalten des Gerichts verstanden, das die Bejahung der Prozessvoraussetzungen (den positiven Ausgang der amtswegigen Vorprüfung) unmissverständlich erkennen lässt. Dies trifft auf jede Entscheidung zu, deren Ergebnis keines nach (im landesgerichtlichen Verfahren:) § 485 Abs 1 Z 1 bis Z 3 StPO oder (im bezirksgerichtlichen Verfahren:) § 450 erster Satz StPO (beschlussförmiger Ausspruch sachlicher Unzuständigkeit), § 451 Abs 2 StPO (beschlussförmige Verfahrenseinstellung) oder § 38 StPO (Wahrnehmung eigener Unzuständigkeit nach § 36 Abs 3, Abs 5; § 37 Abs 1, Abs 2 StPO) ist, also jeder contrarius actus dazu. 4. Bei der amtswegigen Vorprüfung des Strafantrags (noch) außer Betracht zu bleiben hat die Anhängigkeit eines im Sinn des § 37 Abs 3 StPO konnexen Hauptverfahrens bei (irgend-)einem Gericht. Vielmehr hat sich die Vorprüfung – isoliert – auf jenes (Haupt-)Verfahren zu beziehen, das durch die Einbringung dieses (einen) Strafantrags begonnen hat.