Bundesrecht
Bundesgesetze
Strafprozeßordnung 1975
§ 250

§ 250

(1) Der Vorsitzende ist befugt, ausnahmsweise den Angeklagten während der Abhörung eines Zeugen oder eines Mitangeklagten aus dem Sitzungssaal abtreten zu lassen. Er muß ihn aber, sobald er ihn nach seiner Wiedereinführung über den in seiner Abwesenheit verhandelten Gegenstand vernommen hat, von allem in Kenntnis setzen, was in seiner Abwesenheit vorgenommen wurde, insbesondere von den Aussagen, die inzwischen gemacht worden sind.

(2) Ist diese Mitteilung unterblieben, so muß sie jedenfalls bei sonstiger Nichtigkeit vor Schluß des Beweisverfahrens nachgetragen werden.

(3) Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. a und besonders schutzbedürftige Opfer (§ 66a) hat der Vorsitzende auf ihren Antrag auf die in § 165 Abs. 3 beschriebene Art und Weise zu vernehmen; im Übrigen hat er bei der Vernehmung von Zeugen § 165 sinngemäß anzuwenden. Dabei hat er auch den bei der Befragung nicht anwesenden Mitgliedern des Schöffengerichts Gelegenheit zu geben, die Vernehmung des Zeugen mitzuverfolgen und den Zeugen zu befragen.

Entscheidungen
150
  • Rechtssätze
    27
  • RS0114858OGH Rechtssatz

    23. April 2007·3 Entscheidungen

    Mit der Einführung verfahrensrechtlicher Zeugenschutzbestimmungen durch das StPÄG 1993 (§ 166a StPO: Vernehmung eines Zeugen unter Wahrung seiner Anonymität und § 229 Abs 2 StPO: Ausschluss der Öffentlichkeit zur Verhinderung der Enttarnung) hat der Gesetzgeber eine Einengung der damit kollidierenden Verteidigungsrechte des Angeklagten im Interesse des Schutzes vitaler Individualrechte des Zeugen bewusst in Kauf genommen (JAB 924 BlgNr XVIII.GP, 35ff). Die dadurch allenfalls erschwerte Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen wird durch die - einem solchen Zeugen je nach Lage des Falles entweder jegliche Beweiskraft aberkennende oder aber auch diesen Beweis voll akzeptierende - freie Beweiswürdigung ausreichend kompensiert. Eine Verletzung des in Art 6 EMRK verankerten Fairnessgebotes wird dadurch nicht bewirkt, denn das Recht auf Prüfung der Glaubwürdigkeit eines Belastungszeugen findet jedenfalls dort seine Schranken, wo dadurch die Anonymisierung eines solchen Zeugen unterlaufen würde. Die nach der Neufassung des § 250 Abs 3 StPO durch das StRÄG 1998 vorgesehene (nicht nichtigkeitsbewehrte) Anwendung der Bestimmungen des § 162a Abs 1 letzter Satz und Abs 2 bis 4 StPO schließt die dem freien Ermessen des Gerichtes vorbehaltene Möglichkeit, den Angeklagten während der Vernehmung eines Zeugen aus dem Sitzungssaal zu entfernen (§ 250 Abs 1 StPO), nicht aus.