JudikaturJustizRS0104739

RS0104739 – AUSL BG Leipzig Rechtssatz

Rechtssatz
17. Oktober 1974

1. Die Verurteilung eines Arztes wegen fahrlässiger Tötung setzt die Feststellung voraus, daß der Arzt eine objektiv für ihn bestehende Pflicht schuldhaft verletzt hat und daß diese Pflichtverletzung ursächlich für die eingetretenen Folgen war.

2. Pflichten eines Arztes können sich aus allgemein anerkannten und praktizierten Berufsregeln oder aus Arbeitsanweisungen und Arbeitsinstruktionen des Leiters des jeweiligen medizinischen Tätigkeitsbereich ergeben.

3. Der Leiter eines medizinischen Kollektivs darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß jedes qualifizierte und entsprechend seiner Qualifikation arbeitende Kollektivmitglied in Übereinstimmung mit seinen Pflichten arbeitet. Dieses Vertrauen schließt die Kontrolle ein, die der Aufrechterhaltung eines Höchstmaßes an Sicherheit bei der Behandlung und Betreuung der Patienten dient. Diese Kontrolle muß insbesondere auf die Prüfung gerichtet sein, ob die Qualifikation der Mitarbeiter ausreicht und deren Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit gegeben sind.

4. Verursacht eine Krankenschwester durch Verwechslung von Infusionslösungen den Tod eines Patienten, so führt dies nicht in jedem Fall auch zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Arztes, der die Infusion angelegt hat. Hat der Arzt seine Kontrollpflicht gegenüber der Krankenschwester nicht verletzt, ist er freizusprechen. RS U BG Leipzig (D) 1974/10/17 2 BSB 366/74 Veröff: NJ 1975,176

Entscheidung
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